Carbonrahmen

Unterwegs mit einem Urban Bike mit Carbonrahmen

Urban Bike – ein Begriff geht um: Fahrräder, die zur Modegattung zählen, sind optisch aufgeräumt, das Design steht im Vordergrund. Sie sind «Accessoire und Statussymbol», schreibt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) auf seiner Website.

Um das cleane Design nicht zu stören, verzichten Hersteller gern auf Gepäckträger und andere Ausstattungsdetails. Das ist bei Vanmoof und Cowboy nicht anders als bei Ampler, Schindelhauer oder Urtopia. Oder auch dem Urban Bike Blade One von IO EMobility, das wir zu Testzwecken ausprobieren.

Der Einsatzzweck: Der Hersteller verortet das Fahrrad passend zum Typ «hauptsächlich im urbanen Raum». Gedacht sei es etwa für Pendler, die es in Kombination mit dem öffentlichen Nahverkehr auch für längere Arbeitswege nutzen wollten: Denn es sei leicht genug, um es «problemlos mit in die Bahn zu nehmen», sagt Sascha Arndt, Geschäftsführer von IO EMobility.

Dank seiner Reichweite von bis zu 110 Kilometern eigne sich das Carbon-Bike «auch für Städtetouren» gut. Und auf die reduzierte Optik spielt IO Emobility an: «Understatement pur» sei das Blade One, heißt es. Im Klartext: Hinter der simplen Fassade verbirgt sich offenbar mehr als man denkt.

Die Technik: Rahmenmaterial und Gabel sind aus Carbon gefertigt, was das Gewicht des Fahrrads auf unter 20 Kilo senkt. Was ebenfalls dazu beiträgt: Vieles, das an dem E-Bike vordergründig aus Designgründen fehlt, drückt praktischerweise aber zugleich den Preis auf konkurrenzfähiges Niveau. Weder finden sich Federgabel oder Dämpfer, noch gängige, im Alltag aber durchaus nützliche Anbauteile wie Gepäckträger oder Schutzbleche.

Ein Hintertürchen hält sich der Hersteller mit entsprechenden Ösen und Aufnahmen offen, an denen diese Teile nachträglich montiert werden können. Das ist schlau, weil flexibel für Fahrerinnen und Fahrer, die den Alltagsnutzen über die Optik stellen möchten – in puncto Purismus aber auch irgendwie inkonsequent.

Dass auch keine Gangschaltung an Bord ist, sei übrigens kein Problem. «Die notwendige Kraft von bis zu 48 Nm wird automatisch mit der besten Übersetzung auf das Hinterrad übertragen», wirbt die Marke.

Hinter «bester Übersetzung» verbirgt sich der eine Gang mit einer mittleren Übersetzung von 2,5 – bedeutet: Vor allem beim Anfahren ist man froh, dass der Motor mithilft.

Der Fahreindruck: Der Motor schiebt bauartbedingt ordentlich mit. Sein Drehmoment (Nm) liegt direkt an der Hinterradnabe an, was er die Person im bequemen Gelsattel ziemlich ungefiltert spüren lässt.

Kurzum: Die Einheit fühlt sich mehr überambitioniert als natürlich an – und das, obwohl sie laut Hersteller ihre Kraftbeigabe an einem Drehmomentsensor ausrichtet. Dieser sorgt vereinfacht gesprochen normalerweise dafür, dass sich die Tretunterstützung an der Kraft bemisst, die man per Muskelkraft in die Pedale gibt.

Doch davon ist zum Beispiel an Steigungen beim Blade wenig zu spüren: Auch wenn man aus dem Sattel geht und ordentlich Druck in die Kurbel gibt, bleibt die Motorsteuerung davon eher unbeeindruckt und schießt kaum mehr Kraft zu. Dies erreicht man auf Fahrt mit dem Blade zumindest mit einer höherer Unterstützungsstufe, wählbar per Wippschalter links am Lenker.

Dabei sind die Unterschiede der fünf verschiedenen Modi nicht sehr ausgeprägt. In ihrer Charakteristik lassen sie sich nicht individualisieren, was bei anderen Herstellern über Apps möglich ist. Das Blade (zu Deutsch: Klinge) lässt sich zu diesem Zweck nicht mit Smartphone oder Tablet koppeln.

Weil weder Federgabel noch Rahmendämpfer oder für niedrigen Luftdruck ausgelegte Breitreifen vorhanden sind, gerät der Fahrkomfort in den Hintergrund. Biegt man von Asphalt oder ähnlich glattem Untergrund auf gröberes Terrain ab, reicht der Carbonrahmen Stöße spürbar weiter. Schotterpisten gehen je nach Nehmerqualitäten der Person im Sattel noch in Ordnung – mehr Offroad aber kaum. Immerhin lässt sich das mit dem Naturell eines Urban Bikes begründen.

Auch die Sorge, der Rahmen könne es an Stabilität fehlen lassen, weil das Sitzrohr nicht durchgehend ist, dürfte unbegründet sein. Bombenfest fühlt sich das Konstrukt auf den Testfahrten jedenfalls an, die Laufruhe der 28-Zoll-Reifen stimmt.

Allerdings brauchen die Bremsen eine harte Hand. Für ein hydraulisches Zweikolben-System statt eines rein mechanischen benötigen die Hebel ungewöhnlich viel Fingerkraft, um eine angemessene Bremswirkung zu erzielen.

Weitere Bauteile, Zubehör, Peripherie: Laden empfiehlt sich. Zwar ist die Maximalreichweite mit 110 Kilometern in kleinster Unterstützungsstufe im urbanen Revier angemessen. Doch ohne Motor-Mithilfe wird das Radeln mit dem Blade je nach Steigung schnell eine schweißtreibende Sache: Der eine verfügbare Gang ist ziemlich hoch übersetzt und damit schwergängig.

Den Ladezustand des Akkus liest man am im Lenker integrierten LCD-Display anhand von fünf Balken ebenso ab wie Werte zu Tempo und Fahrten. Das USB-Symbol zeigt an, wenn man ein Smartphone über den Akku lädt – mit dieser praktischen wie nahe liegenden Funktion ist das Blade vielen Vergleichsmodellen voraus, die dies nicht bieten.

Einen Smartphone-Halter muss man aber selbst besorgen oder das verkabelte Handy etwas umständlich in Jacken- oder Hosentasche verschwinden lassen.

Der Preis: Das Blade One kostet regulär 2199 Euro (aktuell: 1599 Euro). Einzige Option sind neben der Farbwahl (hochglänzend Weiß oder Schwarz) Schutzbleche für 39 Euro. Vermarktet wird das Modell online, es gilt eine Widerrufsfrist von 14 Tagen, für die Rückversandkosten von 39,99 Euro aber muss der Kunde aufkommen. Ein Händlernetz ist erst noch im Entstehen.

Das Fazit: Das Blade One ist ein konsequent umgesetztes Urban Bike mit Fokus auf Design, das wie immer Geschmacksache bleibt. Wie für das Segment typisch, geht das auf Kosten von Funktionalität und Komfort – was geneigte Kunden, die weder Sänfte noch Mountainbike erwarten, hinnehmen dürften. Das dürfte für die Abstimmung des Motors weniger gelten.