Stau im Berufsverkehr in München

Mobilitätswende: Menschen ändern ihr Verhalten nur langsam

Die Mobilitätswende kommt laut einer Befragung nur sehr langsam voran. Zwar weist eine aktuelle Umfrage des ADAC, die der Deutschen Presse-Agentur vorab vorlag, auf eine steigende Nutzung von Nahverkehr hin. Doch die Veränderungen gehen langsam und das Auto dominiert weiterhin.

Konkret sagten 64 Prozent der Befragten, dass sie an mindestens 100 Tagen im Jahr ein Auto als Fahrer nutzten. Das waren 2 Prozentpunkte weniger als bei einer Befragung im Jahr 2017. Beim öffentlichen Nahverkehr waren es 26 Prozent – 2 Punkte mehr als vor sechs Jahren. Die Bahn wurde von 10 Prozent der Befragten genannt, ein Zuwachs von 4 Punkten, das Rad von 28 Prozent, was einem Plus von 6 Punkten entspricht.

Viele Gründe am Auto festzuhalten

Sofern eintritt, was die Befragten für ihre Verkehrsmittelnutzung in fünf Jahren erwarten, wird sich der Trend fortsetzen. Beim Auto glauben nur 11 Prozent, dass sie es häufiger nutzen werden – aber 17 Prozent gehen von einer Reduzierung aus. Beim Nahverkehr erwarten dagegen 21 Prozent eine häufigere und nur 9 Prozent eine seltenere Nutzung. Ähnlich ist es bei der Bahn mit 17 zu 9 Prozent und dem Rad mit 20 zu 5 Prozent.

Wer nach eigener Erwartung weniger Auto fahren wird, begründet dies meist mit Kosten, dem eigenen Alter sowie Klima und Umweltschutz. Wer eine steigende Nutzung erwartet, nennt am häufigsten Bequemlichkeit, Familiensituation und Wohnortänderung.

Doch wer ein Auto hat, wird es kaum abschaffen. Nur 5 Prozent der Befragten aus dieser Gruppe halten dies binnen fünf Jahren für wahrscheinlich – gegenüber 85 Prozent, die wahrscheinlich am Auto festhalten werden. Die Gründe am Auto festzuhalten sind vor allem Unabhängigkeit, Bequemlichkeit, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit.

Bereitschaft für Alternativen

Restriktive Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs wurden meist klar überwiegend abgelehnt. Dies galt unter anderem für höhere Steuern auf Kraftstoffe, die Abschaffung der Pendlerpauschale, einen Ausbaustopp beim Straßennetz oder die Verknappung und Verteuerung von Parkplätzen in der Stadt. Strengere Abgas- und CO2-Werte wurden dagegen mehrheitlich befürwortet. Besonders hohe Zustimmung fanden Investitionen wie der Ausbau des Nahverkehrs oder der Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe und Elektroautos.

«Die Menschen sind in der Mehrheit bereit, für den Klimaschutz ihr Mobilitätsverhalten zu ändern, aber sie wollen dabei nicht verzichten», sagte ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand. «Deswegen ist es so wichtig, dass bei allen Einschränkungen immer auch die Alternativen weiterentwickelt und zu einem bezahlbaren Preis angeboten werden.»

Jeder Zehnte ohne fußläufige Erreichbarkeit von Bus und Bahn

Die Anbindung an Bus und Bahn ist vor allem in ländlich geprägten Regionen nach wie vor sehr schwach. Insbesondere in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen ist für weniger als die Hälfte der Einwohner eine Bushaltestelle fußläufig erreichbar, von wo rund einmal pro Stunde – mindestens 20 Mal am Tag – ein Bus abfährt. Das geht aus einer Analyse des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hervor.

Schlusslicht ist der Landkreis Straubing-Bogen in Bayern mit einer Anbindungsquote an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) von lediglich 34 Prozent der Bevölkerung. Es folgen die Kreise Haßberge (Bayern, 37 Prozent), Cuxhaven (Niedersachsen), Cham und Donau-Ries (beide Bayern) mit jeweils rund 38 Prozent.

In den Städten und Metropolregionen ist die Anbindung hingegen meist vollständig gegeben. In den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen etwa leben nahezu 100 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner in fußläufiger Entfernung zu einer Bushaltestelle oder einem Bahnhof.

Bundesweit leben demnach rund 90 Prozent der Bevölkerung entweder im Umkreis von 600 Metern zu einer Bus- oder von 1200 Metern zu einer Bahnhaltestelle, die mindestens 20 Mal am Tag angefahren wird. Aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des BBSR ist bei diesen Entfernungen ein komfortabler Zugang zum ÖPNV gegeben.

«Die neuen Daten zeigen, Deutschland kommt beim Ausbau des ÖPNV nicht voran», teilte der Geschäftsführer des Interessenverbands Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Montag mit. «Im Vergleich zu den 2020er-Zahlen ist das Angebot sogar leicht schlechter geworden.» Er forderte Bund und Länder zu einer «Angebotsoffensive mit deutlich mehr Bus und Bahn in ganz Deutschland» auf.